Das Käthchen von Heilbronn – zwischen Rollenklischee und modernem Frauenbild

„Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe" ist ein historisches Ritterschauspiel von Heinrich Kleist, das 1810 seine Uraufführung erlebte. Warum Kleist Heilbronn ausgewählt hat, bleibt bis heute ungeklärt. Doch die Stadt nimmt dieses Geschenk dankend an und wählt seit 1970 alle zwei Jahre junge Heilbronnerinnen zum „Käthchen von Heilbronn".

Im Jahr der BUGA 2019 wurden sogar vier Käthchen gewählt, von denen drei beim Clubabend des Marketing Clubs Region Stuttgart-Heilbronn an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn auch anwesend waren.

Prof. Dr. Günter Käßer-Pawelka stellte als Moderator des Abends denn auch klar, dass er in der Figur des Käthchens als Botschafterin der Stadt sowohl Potential als auch eine Herausforderung erkennt: „Heilbronn hat mit dem Käthchen eine Kultfigur, nach der sich andere Städte sehnen. Vergleichbares findet man höchstens noch in Bremen, dort allerdings lediglich in „tierischer" Gestalt." Die Herausforderung, das Käthchen im 21. Jahrhundert angemessen zu interpretieren und auf diese Weise mit dem in den letzten Jahren geschaffenen dynamischen und modernen Stadtimage mitzugehen, bleibt bestehen – hier habe man noch eine gewisse Wegstrecke vor sich, so der Marketingexperte.

Heilbronn auf dem Weg zur Marke

Aber der Reihe nach: Steffen Schoch, seit 2015 Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH (HMG), zeichnete in seinem Impulsvortrag nach, welchen Strecke die HMG in den letzten vier Jahren zurückgelegt hat, um Heilbronn zu einer veritablen Marke zu entwickeln. Dachte man beim Stichwort „Heilbronn" vorher an das Kraftwerk und kilometerlange Staus auf der Autobahn, präsentiert sich die Stadt neuerdings als „bildungs- und wirtschaftsstrak, lebensfroh und aufgeschlossen". Nicht zuletzt dank der BUGA 2019 sei es gelungen, Themen wie Bauen, den Neckar oder den Wein stärker in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gäste zu rücken.  Das Städteranking der „Wirtschaftswoche" bescheinigte Heilbronn im vergangenen Jahr einen Ruf als „dynamischste Kommune in Baden-Württemberg".
Schoch betonte, dass die „Stadtkonzeption 2030" als Basis und Masterplan für die Weiterentwicklung Heilbronns dient und alle Prozesse mit Beteiligung der Bürger*innen, mit zahlreichen Gesprächen und Befragungen einhergehen.  
Als Beispiele für die sukzessive Umsetzung eines konsequenten Stadtmarketings nannte er die Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes, die Einrichtung einer Pressestelle, eine Bildsprache, die Leichtigkeit und Lebensfreude transportiere, den Hop-on-Hop-off-Bus und vieles andere mehr.

Das Käthchen auf dem Weg in die Moderne

Jasmin Heyd, Denise Fohr und Laura Scholl als aktuell amtierende Käthchen zeigten, wie sie ihre Rolle ausfüllen und welche Potentiale in diesem Amt stecken: Die drei jungen Frauen stehen mitten im Studium, kurz vor dem Abschluss oder sind bereits erfolgreich im Beruf angekommen: Laura Scholl studiert an der DHBW BWL-Dienstleistungsmanagement, Jasmin Heyd hat ihr duales BWL-Studium abgeschlossen und ist ins Berufsleben eingestiegen, Denise Fohr befindet sich im 5. Semester Anglistik und Berufspädagogik an der Universität Stuttgart.

Sie berichten mit viel Herzblut vom Trollinger Marathon, ihrem Einsatz beim Weindorf, bei der Rosentaufe auf der BUGA oder der Brückeneröffnung auf der A6. Häufig sind sie in ihrer Rolle als Repräsentantinnen der Stadt nicht viel mehr als schmückendes Beiwerk - immer wieder erzählen sie aber auch von eigenen Beiträgen und Reden, von Terminen, die sie (mit-)gestalten, bei denen sie sich einbringen oder sogar einmischen durften: Beim Vorlesetermin im Seniorenheim, mit eigenem Stand live auf dem Haigern, beim Termin mit dem Deutschen Botschafter in Bern oder der Kreation eines zeitgemäßen Kleides, das auf Anregung von Laura Scholl gemeinsam mit Designern und Schneidern der Akademie für Kommunikation geschaffen wurde. Alle drei sind sich der Chance bewusst, die das Amt ihnen bietet: Sie können ihre Persönlichkeit weiterentwickeln, lernen selbstbewusstes Auftreten und können ihre Fähigkeiten und Interessen einbringen.

Mit den anwesenden Clubmitgliedern ist man sich darüber einig, dass genau wie die Stadt Heilbronn auch die Rolle des Käthchens sich im Aufbruch befinde, in einem Veränderungsprozess hin zu einer zeitgemäßen und aktiven Interpretation der Rolle. Warum also nicht das Kleist’sche Ritterspiel durch einen Käthchen-Song, ein Musical oder einen Poetry Slam ins 21. Jahrhundert versetzen? Man darf gespannt sein, welchen weiteren Schritt in diese Richtung der 1. Käthchen-Weihnachtsmarkt in diesem Jahr bringen wird.

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