Erste Retail Innovation Days an der DHBW Heilbronn

Am 7. und 8. April 2016 kamen 250 Teilnehmer zu den Retail Innovation Days des Studiengangs BWL-Handel. Sie diskutierten mit Firmenvertretern und Professoren der DHBW Heilbronn über die (digitale) Zukunft des Handels.

Initiator Prof. Dr. Oliver Janz begrüßte die Gäste und Referenten in der Neuen Aula des Bildungscampus der Dieter Schwarz Stiftung. „Der Handel ist eine sehr dynamische Branche. In den letzten Jahren haben sich die Kräfteverhältnisse stark verschoben.“ Angesichts immer neuer digitaler Technologien und der rasanten Geschwindigkeit von Innovationen und technischem Fortschritt lud Janz die Anwesenden zu wissenschaftlicher Reflexion und zu Vorträgen direkt aus der Praxis ein.

Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf sandte per Videobotschaft Grußworte. „Die DHBW Heilbronn bildet Fach- und Führungskräfte für die Lebensmittelbranche und den Handel aus. Sie verbindet in den praxisintegrierenden dualen Studienangeboten Theorie und Praxis und ist damit die ideale Schnittstelle für innovative Diskussionen.“

Die Liste der Referenten und Teilnehmer reichte von globalen Unternehmen wie Zalando bis hin zu Anbietern regionaler Online-Plattformen wie atalanda. Etablierte Firmen wie Galeria Kaufhof waren ebenso vertreten wie neue Start-Ups. Experten aus der Lebensmittel- und Textilbranche stellten ihre Projekte und Erfahrungen vor. Die Aussteller, darunter iPol und Phizzard, präsentierten digitale Umkleiden und die neue Generation der VR-Brillen zum Anfassen und Ausprobieren.

Personalarbeit digital

Wie Apps und digitale Medien die Personalarbeit ganz neu definieren, erklärte Inga König, Human Resources Manager Germany von Hunkemöller, im ersten Fachvortrag: Von der Bewerbung über die Einarbeitung bis hin zu Qualifizierung funktioniert der gesamte Personalprozess mit digitaler Unterstützung. Bei der Auswahl der Bewerber wird Videorecruiting eingesetzt. Sobald der Vertrag unterzeichnet ist, erhält der zuküntige Neuzugang eine Welcome App, die mit Tipps und Unternehmensinformationen auf den Arbeitsbeginn vorbereitet.  Die Einarbeitung erfolgt über das 20 Tage Programm der„Live it up“-App. Auch die Mitarbeiterinformation und die Weiterbildung über die Hunkemöller Academy finden mit Apps auf den Smartphones der Mitarbeiter statt. Ziel ist es, den neuen Mitarbeitern die Faszination der Marke Hunkemöller zu vermitteln und sie zu Markenbotschaftern zu machen.

Das Professorenteam des Studiengangs BWL-Handel aus Prof. Dr. Oliver Janz, Prof. Dr. Ralph Scheubrein und Prof. Dr. Stephan Rüschen stellten neue Studien und aktuelle Themen vor. Beispiel ist die mit DHBW Studierenden durchgeführte Untersuchung zu Click&Collect im Textilhandel. Für die Studie hatte Prof. Dr. Oliver Janz mit Studierenden 116 Testkäufe in 43 Städten durchgeführt. „Mit Click&Collect habe ich die Auswahl des Online-shops im Offlineshop und ich verzichte dabei nicht auf die Beratung und die Möglichkeit des Umtauschs“, beschreibt Janz das Potential von Click &Collect.

Innovationen auf dem Prüfstand

Dass die neuen technischen Möglichkeiten Unternehmensgründungen anstoßen, zeigten die fünf Start-Ups am Donnerstagnachmittag. Die Palette der Ideen reichte dabei vom regionalen Bio-Lebensmittelversand (Green Farmer) über eine App zum Selbstscannen beim Einkauf (SCANGORU) bis zum Videorecruiting per Smartphone-App (Talentcube). Die fünf Start-Ups haben nicht nur Tipps der Expertenjury mitnehmen können, sondern erfolgreich erste Kontakte geknüpft.

E-Food ist Vertrauenssache

Der zweite Tag war den Themen Big Data, E-Food und Lokalisierung des Handels gewidmet. Im Gegensatz zu Büchern oder Textilien ist der Online-Versand von Lebensmitteln sehr komplex und anspruchsvoll. Die Kunden fordern eine bequeme Abwicklung bei maximaler Frische und einem fairen Preis. „Wenn ich im Laden einkaufe, kann ich mir den besten Apfel selbst aussuchen. Bei Online-Bestellungen muss es immer der beste Apfel sein“, so Referent Henrik Walter von der Beratungsfirma OC&C. In Deutschland umfasst der Bereich E-Food gerade einmal 0,5 Prozent Marktanteil. Obwohl viele Händler Online-Vertrieb eher als Marketing-Projekt betrachten, ist der Druck in den letzten Jahren stark gestiegen. Lidl und real bieten erste Lösungen, Kaufland will einsteigen. 

Premiere mit dem Mein-Heilbronn-Shop

Premiere bei den Retail Innovation Days feierte das neue Portal „Mein Heilbronn“. Thomas Gauß, Vorsitzender der Stadtinitiative Heilbronn e.V., stellte zum ersten Mal die neue Plattform vor. Er plädiert dafür, die Vorteile des Online-Handels zu nutzen und gleichzeitig die Stärken des stationären Handels auszuspielen. „Auf dem neuen Portal treffen Sie bekannte Gesichter und Händler, denen Sie vertrauen und die ihr Produkt leben. Das finden Sie so nicht im großen Onlinehandel.“ Betreiber hinter dieser und anderen Plattformen in Deutschland ist der Anbieter atalanda. Nach einer anfänglichen Durststrecke ist die Firma von Roman Heimbold auf eine Lücke gestoßen: „Im Internet werden Informationen gesammelt, gekauft wird aber beim Händler vor Ort.“ Dieser sogenannte ROPO-Effekt (Research online, Purchase offline) ist größer als der oft beschworene Beratungsklau. Nach dem Erfolg in Wuppertal betreibt atalanda  mittlerweile auch Plattformen in Göppingen, Bern und Wolfenbüttel. Engagierte Händler verzeichnen ein Umsatzplus von 10 Prozent und viele neue Kunden. Michael Frieling von MST Frieling aus Wuppertal bestätigt diese Erfahrungen und spricht von einem weiteren Plus: In den Google-Platzierungen ist sein Geschäft mittlerweile im Top-10-Ranking vertreten.