FutureTec Konferenz gibt Antworten: Neue Produkte, Technologien und Absatzstrategien für Herausforderungen der Branche

Bei der FutureTec Konferenz der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg und dem Studiengang Wein-Technologie-Management der DHBW Heilbronn gab es konkrete Impulse für eine krisengeschüttelte Branche. Ertragsrückgänge, Klimawandel, mangelnde Biodiversität und invasive Arten sind nur einige der Probleme, mit denen die Winzer konfrontiert sind. In neun verschiedenen Experten-Vorträgen gab es Lösungsansätze von der Rebe bis ins Glas.

Wer den neuen Cocktail „Nano Fizz“ trinkt, schmeckt vielleicht den Fruchtwein und die Zitronennote, aber nicht die eigentliche Revolution dahinter: „Nano Fizz“ ist der erste KI-Cocktail, bei dessen Konzeption und Herstellung der menschliche Faktor auf das Nötigste reduziert wurde. In nur vier Monaten wurde der Cocktail von der Projektierung bis zur Füllung zur Marktreife gebracht. Dabei zeichnete die KI für die Namensgebung, die Rezeptur und das Design verantwortlich – mit minimalen Nachbesserungen der Mitarbeiter*innen der Fruchtsaftkellerei Kaltenburger, erklärte Geschäftsführerin Alexandra Demuth. 

Technologien im Weinberg 
Doch Technologien spielen auch im Weinberg eine immer größere Rolle: Dr. Torsten Gerhard von den Oppenländer Rechtsanwälten und Diplom-Ingenieur Christian Seybold widmeten sich in ihren Vorträgen einem Thema, das mit zunehmender Trockenheit und steigenden Wetterextremen mehr an Bedeutung gewinnt: der Kampf um das Wasser. Obwohl die Bewässerung in Trockenzeiten und bei Spätfrösten erlaubt ist, gelten strenge Richtlinien für die Wasserentnahme. Vollautomatische Tröpfchen- statt Überkronenbewässerung ist heute der Standard: Damit können in acht Stunden nacheinander 100 Hektar Fläche bewässert werden. 

Neben Trockenstress und Wetterschwankungen sind es Namen wie die marmorierte Baumwanze, die Kirschessigfliege und Herbstheerwurm, die den Weinbauern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Mittlerweile schätzt die EU die Kosten, die durch invasive Arten verursacht werden, auf 26 Milliarden Euro im Jahr. Die Globalisierung erleichtert die Verschleppung invasiver Arten, durch die Klimaänderung fühlen sich nicht heimische Schädlinge auch zunehmend in Europa wohl. Wie kann die Technologie den Schädlingsbefall kontrollieren und eindämpfen? Einerseits durch Schädlingsdetektoren direkt bei der Importkontrolle, andererseits durch Schädlingserkennung im Feld: Befallene Pflanzen sondern bestimmte Duftstoffe ab, die durch Sensoren erfasst und analysiert werden können. Eine Kombination aus chemischen, biotechnischen und biologischen Verfahren ist der Schlüssel zu moderner Landwirtschaft, fasst Prof. Dr. Jürgen Gross von der Hochschule Geisenheim seinen Vortrag zusammen. 

Piilzwiderstandsfähige Sorten als Antwort auf den Klimawandel 
Ein wichtiger Teil der mittel- und langfristigen Strategie gegen den Klimawandel ist vor allem der Anbau pilzwiderstandsfähiger Sorten – den sogenannten PIWIs. In den letzten sechs Jahren hat sich die Anbaufläche von 0,38 Prozent auf 3.8 Prozent erhöht. Für das Jahr 2028 prognostiziert Magali Blank von der LVWO Weinsberg in ihrem Vortrag einen Anteil von 10 Prozent an der Gesamtfläche. Der Vorteil der pilzresistenten Sorten liegt auf der Hand: weniger Pilzbefall, Reduzierung der Spritzmittel um 60 bis 80 Prozent. Das große Manko der Piwi-Sorten ist die fehlende Akzeptanz am Markt: Obwohl die Weine mittlerweile wohlklingende Namen wie Sauvitage, Cabernet Blanc oder Souvignier Gris haben, konnten sie in der kurzen Zeit noch keine Markenidentität aufbauen. Mittlerweile können, so Blank, die neuen Sorten durchaus mit den herkömmlichen Trauben mithalten. Natürlich besteht vor allem im Ausbau noch Luft nach oben: Lesezeitpunkt und Maischestandzeit sind entscheidend.

Produkte, die immer höhere Akzeptanz am Markt finden, sind die alkoholfreien und alkoholreduzierten Weine. Vor allem hier hat Deutschland als technikaffines Land einen Vorsprung: Vor allem beim Secco gibt es mittlerweile ansprechende Alternativen. Johannes Trautwein von der gleichnamigen Kellerei hat sich mit Traubensäften und alkoholfreien Weinen einen Namen gemacht. Gerade sogenannten Ready-to-Drink-Angebote (RTD’s) liegen auch im alkoholfreien Segment bei der jüngeren Zielgruppe hoch im Kurs. 

Neue Absatzkanäle 
Doch nicht nur neue Produkte erweitern den Spielraum der Weinbranche: Mit dem Out-of-Home Forschungsprojekt hat die DHBW Heilbronn unter Leitung von Prof. Dr. Martina Boehm und Prof. Dr. Ralph Scheubrein die sogenannten Impulsmärkte unter die Lupe genommen. Impulskanäle – das sind Orte, die dem Konsumenten auch nach Ladenschluss zur Verfügung stehen, so wie Automaten, die sogenannten Spätis in Großstädten, Tankstellen oder Hofläden. Doch wie sieht der Wein-Kunde in diesem Markt aus? Über 230 Store-Checks, 640 Kundenbefragungen, Sensorik-Tests und Etikettenanalysen mit Eye-Tracking identifizierten vier Zielgruppen. Viel Potential sieht das Projekt vor allem in den Wein-Connaisseuren, die bereits jetzt viermal im Jahr in den Impulskanälen einkaufen und ein gutes Sortiment mit einer hohen Preisbereitschaft wertschätzen. Das bedeutet allerdings auch, die Auswahl der Produkte und die Präsentation im Laden besser auf die Zielgruppen abzustimmen, zog Anika Stollsteimer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt, das Fazit in ihrem Vortrag.

Fazit: In Zeiten von steigenden Kosten und Personalmangel können technologische Unterstützung für mehr Effizienz in den Betriebsabläufen sorgen. Allerdings stehen viele Projekte gerade erst in der Entwicklungs- und Versuchsphase. Es bleibt zu hoffen, dass die Technologie sich schnell genug durchsetzt, um mit den wachsenden Herausforderungen Schritt zu halten.