Gemeinsam gegen Lebensmittelverluste: Abschlusspräsentation an der DHBW Heilbronn

Was der frühe Sommer in diesem Jahr auf den Feldern anrichtete, war verheerend: Vor allem Ackerbauern müssen mit Ernteverlusten bis zu 50 Prozent rechnen. Das macht den sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln umso wichtiger. Auf ihrer Abschlussveranstaltung präsentierten die Studierenden des Studiengangs BWL-Konsumgüterhandel die Ergebnisse einer Konsumentenbefragung, rechtliche Grundlagen, Leuchtturmprojekte und erste Vorschläge zur Schulung von Verbrauchern. Anwesend war neben der Staatssekretärin des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Friedlinde Gurr-Hirsch MdL, auch Sascha Jost vom Handelsverband Baden-Württemberg.

Jost nimmt vor allem eine Empfehlung mit nach Stuttgart: Der Handel muss seine Maßnahmen gegen Lebensmittelverluste deutlicher kommunizieren. Viele Händler sind bereits aktiv, aber bei der Umfrage der Studierenden erzielte der Handel nur eine Note von 3,5. Dabei gibt es sowohl online als auch stationär Vorreiter in der Branche. Unter den Namen „Krumme Dinger“ und „Bio-Helden“ erhält Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern bei Aldi Süd und Penny eine zweite Chance. Laut Umfrage der Studierenden ist die Mehrheit der Befragten gern bereit, gegen 20 Prozent Rabatt optische Mängel in Kauf zu nehmen. Viele Händler verarbeiten Obst und Gemüse in eigenen Restaurants oder haben sogenannte Schnippelküchen. Kleingeschnittenes findet dann seinen Weg in die Salatbar oder als abgepacktes Convenience-Produkt in kleinen Portionen für Single-Haushalte. Neben geringeren Abschriften profitiert der Handel vor allem von einem positiven Image-Effekt.

Handel ist zentrale Schnittstelle

Prof. Dr. Beate Scheubrein, Studiendekanin und betreuende Professorin, erklärt: „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Studierende im Handel ins Boot zu holen. Sie sind wichtige Multiplikatoren und können ihr Wissen direkt vor Ort einsetzen.“ So gab es bereits erste Vorschläge, zum Beispiel ein Flyer zur richtigen Lagerung von Lebensmitteln. Der Flyer findet am heimischen Kühlschrank, aber auch schon im Obst- und Gemüseregal seinen Platz. Ob man die Portionsgrößen von Obst und Gemüse mit der Hand misst oder wie man die Haltbarkeit von Lebensmitteln erkennt: Aufklärung im Markt kann an vielen Stellen stattfinden. Auch Staatssekretärin Gurr-Hirsch erklärte: „Der Lebensmitteleinzelhandel als eine wichtige Schnittstelle zum Verbraucher kann dem Wegwerfen wertvoller Lebensmittel einiges entgegensetzen. Wir brauchen mündige und geschulte Konsumenten“.

Alter spielt die größte Rolle

Aktuell entsorgt jeder Deutsche im Jahr 82 Kilo Lebensmittel. Der Anteil des Handels ist vergleichsweise gering und liegt unter fünf Prozent. Dabei werfen jüngere Verbraucher mehr fort als ältere; Bildungsschicht, Einkaufsort und Geschlecht machen keinen Unterschied. Einzige Ausnahme: Bei Biomarktkunden wandert deutlich weniger in die Tonne. Wer seine Kommunikation ins Internet verlegt, hat größere Chancen, jüngere Kunden zu erreichen. Bekannt in der Region ist vor allem das Foodsharing: In Kühlschränken kann man unentgeltlich oder zu einem kleinen Preis Lebensmittel abholen. Die Standorte der Kühlschränke sind auf einer Webseite gelistet. Lebensmittelhändler wie Edeka und Rewe sind Teil des Netzwerks. Auch das Berliner Startup SirPlus bietet Vorteile für Händler: Ausrangierte Lebensmittel werden kostenfrei abgeholt und dann vermarktet.

„Die zahlreichen Ansätze zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten im Handelsbereich sind beeindruckend. Ich bin überzeugt davon, dass wir damit auf einem guten Weg sind und der Nachwuchs im Handel diesen verstärkt verfolgen wird“, sagte die Staatssekretärin am Freitag.