Große Herausforderungen in der Dienstleistungsbranche

Der Dienstleistungssektor ist der wichtigste Wirtschaftssektor in Deutschland: Er erwirtschaftet 69 Prozent des Bruttoinlandprodukts und beschäftigt 75 Prozent der Arbeitnehmer. Ganze 80 Prozent aller deutschen Unternehmen sind Dienstleistungsunternehmen, dabei ist das Spektrum der Betriebe sehr vielfältig. Die Themen auf dem FUTERA_Heilbronn Symposium des Studiengangs BWL-Dienstleistungsmanagement an der DHBW Heilbronn spiegelten diese Vielfalt wider.

Von der Ethik und Moral in Wirtschaft und Sport über neue Unternehmensstrategien bei Banken und den digitalen Herausforderungen im HR-Bereich bis hin zur Imagestudie von Heilbronn konnten sich über 200 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft zu aktuellen Fragestellungen am 30.September 2019 informieren. Gleichzeitig war das Symposium auch Anlass, um den Abschied vom langjährigen Studiendekan und Gründungs-Professor der DHBW Heilbronn Prof. Dr. Günter Kaeßer-Pawelka zu feiern.

Imagewandel im Sport
Keynote Speaker Gerhard Meier-Rhön, langjähriger Studioleiter des SWR und ehemaliger Mediendirektor des Deutschen Fußballbundes, kennt die Sport- und Medienbranche wie kein Zweiter. Seit vielen Jahren setzt er sich intensiv mit Ethik und Moral im Sport und in der Medienwelt auseinander. Gemeinsam mit den Zuschauern blickte er auf die aktuelle Diskussion um Spielergehälter, den Imagewandel im Fußball und die Korruption in der FIFA. Meier-Rhön reflektierte, dass es für die FIFA auch mit Restrukturierungsmaßnahmen schwierig sei, dem Skandal-Image zu entgehen. Manche Bilder, wie das von Sepp Blatter im Geldregen, haben Ewigkeitswert.

Chancen durch Digitalisierung nutzen
Unter dem Titel „Next Stop Finanzdienstleiter“ stellte Studiengangsleiter für die Vertiefung Consulting & Sales Prof. Dr. Argjent Demiri zu Beginn die provokante Frage: „Brauchen wir in der Zukunft überhaupt noch Banken?“ Finanzdienstleister durchleben gerade nicht nur eine tiefe Vertrauenskrise, sie konkurrieren mittlerweile auch mit GAFAS Unternehmen wie Amazon und Google. Laut einer aktuellen Umfrage würden 22 Prozent der Befragten ihre Bankgeschäfte auch bei einem der Internetriesen abwickeln.

Dabei gibt es eine Vielzahl an Geschäftsmodellen und Unternehmensstrategien, die Banken in Asien oder Russland bereits erfolgreich implementiert haben. Dazu zählt zum Beispiel die Entwicklung von Online-Plattformen, die gleichzeitig bankfremde Dienstleistungen integrieren. Baufinanzierer zum Beispiel könnten die Leistungen von Maklern, Handwerkern und Architekten anbieten. Aber auch in der Verschlankung von Prozessen leistet die Digitalisierung Unterstützung in unvorstellbaren Dimensionen: Die Bearbeitungszeit von Kreditanträgen reduziert sich von tausenden von Stunden auf wenige Sekunden.

Human Resources Management im Spannungsfeld
23 Prozent des Produktivitätswachstums in Deutschland gehen auf Investitionen in der IT- und Kommunikationsbranche zurück. Aber nicht alle Dienstleistungssektoren sind aktive Treiber der Digitalisierung. Studiendekan und Studiengangsleiter im Human Resources Management Prof. Dr. Thomas Batz erläuterte die besondere Position des HRM in der Digitalisierung: Gerade hier stehen die Verantwortlichen oft im Spannungsfeld zwischen ökonomischem Erfolg und sozialer Verantwortung. Die Gratwanderung ist dünn: Werden Big Data zum Beispiel genutzt, um das Gesundheitsmanagement für die Mitarbeiter zu verbessern oder greift man damit zu sehr in die Privatsphäre ein? Vielleicht ist diese Skepsis auch einer der Gründe, warum die Digitalisierung noch nicht in den deutschen HRM-Abteilungen angekommen ist. Um sich von Gewohntem zu verabschieden, fehlt es in vielen Unternehmen noch an Veränderungsbereitschaft, Kompetenz und der Infrastruktur.

Positive Bewertung für Heilbronn
Im Jahr 2017, so der Noch-Studiendekan Käßer-Pawelka an seinem vorletzten Vortrag als ordentlicher Professor, nahm Heilbronn den zweiten Platz unter den hässlichsten Städten Deutschlands ein. Umso erstaunlicher ist es, wie sich das Bild in nur zwei Jahren geändert hat: Nicht nur die Bundesgartenschau 2019 hinterließ einen positiven Eindruck. Bei der Erstauswertung der neuen Imagestudie bewerteten die Befragten auch Heilbronn insgesamt viel positiver. Dabei gibt es einen deutlichen Trend: 310 der Befragten gaben die Antworten in einer Online-Befragung, 293 Besucher wurde direkt vor Ort auf der BUGA interviewt. Das Ergebnis: Unter dem Eindruck der Bundesgartenschau war Heilbronn sympathischer, kreativer, grüner und jünger. 64 Prozent aller BUGA-Besucher bewerteten die Stadt insgesamt sehr gut oder gut. Bei der Online-Befragung lag der Wert bei 47 Prozent. Pawelkas Fazit: Heilbronn braucht auch nach dem Ende der BUGA neue Impulse, um diesen positiven Imagewandel in die Zukunft zu tragen.

The Last Lesson
Seinen allerletzten Vortrag, die „Last Lesson“, hielt Käßer-Pawelka im Anschluss und blickte zurück auf seine Lehrjahre und Jahre der Lehre. Wie er am Anfang über drei Kommafehler und 17 Hilfsverbkonstruktionen stolperte, dass nicht nur OSRAM-Leuchten, sondern auch die Marktforschung für das Unternehmen Nachtschichten einlegte, und wie er 30 Jahre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg von ganz verschiedenen Perspektiven erlebte: in der Lehre, im Aufbau von Studiengängen und zum Schluss beim Aufbau eines neuen Standorts. Käßer-Pawelka bleibt der DHBW Heilbronn auch im Ruhestand erhalten und bringt sein Wissen und seine Erfahrung als Leiter der Forschung und im Vorsitz des europäischen Forschungsprojekts Weinnova ein.