Kurpfälzische Weinkönigin startete Studium an der DHBW Heilbronn: Anna-Lisa Müller begeistert von der Vielfalt der Weinbranche
Anna-Lisa Müller ist nicht nur eine Frau mit vielen Begabungen, sondern auch vielen Interessen. Als sie sich entschied, mit 26 Jahren ein Duales Studium im Studiengang Wein – Technologie – Management zu beginnen, hatte sie bereits mehrere Semester Psychologie studiert. Warum sie eine Liebe für die andere aufgegeben hat und warum es die beste Entscheidung war, erzählt uns die Kurpfälzische Weinkönigin in unserem Interview.
Von der Psychologie zum Wein – Technologie – Management scheint zumindest für Außenstehende nicht der nächste logische Schritt. Was hat Sie dazu bewogen? Von meiner Seite aus war der Schritt gar nicht mal abwegig: Seit drei Jahren bin ich bereits als Weinhoheit in der Kurpfalz unterwegs. Bei uns ist es üblich, dass man sich sozusagen im Amt der Weinprinzessin bewährt, bevor man die Regentschaft als Königin übernimmt. Meine Großeltern haben noch einen Weinberg bewirtschaftet, Wein geerntet, gestampft und gekeltert. Das Winzergen hat bei uns eine Generation übersprungen. Jetzt hier im Studium und bei meinem Dualen Partner, der Winzer von Baden e.G., fühle ich mich vor allem meiner Großmutter wieder nah.
Natürlich haben einige Freunde verwundert geschaut, als ich das Studienfach gewechselt habe. Aber ich habe mir gedacht, wenn, dann jetzt. Mit 26 wollte ich keine Zeit mehr verlieren. Es macht mir einfach großen Spaß! Und viele Inhalte aus dem Psychologie-Studium kann ich auch im Wein-Marketing anwenden, da geht es um Verbraucherpsychologie und Kundenmotivation.
Wie sieht ein typischer Tag im Praxissemester bei Ihrem Dualen Partner aus?
Der Tag im Keller beginnt um sieben, daher klingelt der Wecker schon sehr früh. Dann heißt es Tanks putzen, Tanks füllen, Weine probieren und fertigstellen. Gerade die Sensorik finde ich sehr faszinierend und freue mich, dass ich von Beginn an in der Herstellung der Weine mit einbezogen werde. Wenn abends Termine anstehen, geht es nach Hause, umziehen, Krönchen auf und meist wird es spät, bis ich zurückkomme.
Was ist so besonders bei der Arbeit bei ihrem Dualen Partner?
Mein Dualer Partner “Wir Winzer von Baden e.G.” ist der größte Weinerzeuger im Gebiet Kraichgau und Badische Weinstraße, ein Zusammenschluss von 1.400 Winzern und 650 ha Rebfläche. Durch die schiere Größe der Genossenschaft ergibt sich eine große Vielfalt an Aufgaben. Ich kann alle Abteilungen durchlaufen – vom Marketing über den Keller bis hin zur Buchhaltung – und die Weinbranche aus vielen Perspektiven kennenlernen. Wir haben sogar ein eigenes Labor. Mit anderen Worten: Alles, was ich im Studium lerne, sei es Mikrobiologie oder Weinmarketing – kann ich direkt hier umsetzen.
Stichwort Studium: Sie haben im Januar ihr erstes Theoriesemester an der DHBW Heilbronn begonnen. Wie waren ihre Erfahrungen?
Ich hatte sehr großen Respekt vor dem Dualen Studium. Das hat sich teilweise auch bestätigt: In manchen Fächern müssen wir eine große Menge Stoff in kürzester Zeit lernen und das kann bei Fächern wie Mikrobiologie schon sehr anspruchsvoll sein. Aber wir sind eine kleine Gruppe von engagierten Studierenden und haben uns schnell zusammengefunden und unterstützen uns. Andererseits profitiere ich von den festen Strukturen und dem regelmäßigen Einkommen.
Weinkönigin, Studium, Arbeit beim Dualen Partner – wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Ich jongliere schon seit einigen Jahren mit vielen Verantwortungen. Neben meinem Ehrenamt als Weinkönigin bin ich auch im Gemeinderat Rauenberg und stellvertretende Ortsvorsteherin Maischenberg. Es passiert schon mal, dass Termine kollidieren, aber ich kann es meist recht gut abfangen. Ehrenamt finde ich gerade für junge Leute wichtig. Da kommen zwei Dinge zusammen: Traditionen zu erhalten, aber auch Branchen und Gemeinschaften fit für die Zukunft zu machen.
Warum haben Sie sich für das Amt der Weinkönigin beworben?
Es ist eine wertvolle Erfahrung, ich komme mit vielen verschiedenen Menschen ins Gespräch und kann viel lernen. Gleichzeitig bin ich Botschafterin für ein wundervolles Kulturgut. Gerade habe ich das Gefühl, dass die Weinbranche wieder jünger wird. Auf den Veranstaltungen komme ich mit vielen jungen Leuten in Kontakt – da bewegt sich etwas. Es muss sich auch etwas bewegen, wir stehen vor vielen Herausforderungen.
Was war der Moment in ihrer Amtszeit, der Sie am meisten bewegt hat?
Meine Heimatgemeinde Rauenberg hat einen Empfang im Winzermuseum Rauenberg für mich veranstaltet. Es war sehr bewegend, von der stellvertretenden Bürgermeisterin über Bundestagsabgeordneten bis zum Vorsitzenden der Winzergenossenschaft waren viele Gäste geladen.
Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach dem Studium?
Wir haben das große Glück, dass unser Studium so vielfältig ist und wir vom Keller bis zum Weinverkauf alle Bereiche kennenlernen. Daher stehen unseren Absolvent*innen so viele verschiedene Türen offen. Ich kann mir vorstellen, im Marketing und Management zu arbeiten. Der Weinberg meiner Großeltern ist zwar noch verpachtet, aber wer weiß? Vielleicht kehre ich wieder zur Tradition zurück.
Unsere letzte Frage: Welchen Wein trinken Sie selbst am liebsten?
Meine Mutter ist Spanierin und stammt aus der schönen und für Sherry bekannten Region Jerez de la Frontera. Vielleicht kommt daher auch meine Vorliebe für feinfruchtige Weinsorten. Am liebsten trinke ich Gewürztraminer und einen Blanc de Noir.