Macht Technik den Menschen überflüssig? Grunwald beim Students' Executive Talk

Beim Students‘ Executive Talk am 20. Januar 2020 an der DHBW Heilbronn – das zweite Mal in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Heilbronn - war Prof. Dr. Armin Grunwald vom KIT Karlsruhe zu Gast. Der Physiker und Philosoph hinterfragte unseren Umgang mit den digitalen Medien und der Künstlichen Intelligenz und gab einen Ausblick in unsere – Achtung – Zukünfte.

Pflegeroboter, die immer gut gelaunt sind, Künstliche Intelligenzen, die die Weltherrschaft übernehmen – das sind Szenarien, die für Grunwald immer noch in den Bereich der Science Fiction gehören; zumindest in den nächsten dreißig Jahren. In der Realität verläuft der Einzug der Digitalisierung in unseren Alltag viel tückischer und schleichender: Heute buchen wir unseren Urlaub online, verabreden uns über Messengerdienste und können uns eine Welt ohne Internet nicht mehr vorstellen. Ohne das World Wide Web würde die Weltwirtschaft auf der Stelle zusammenbrechen.

Verändert hat sich unser Leben allerdings mit einer bisher nicht gekannten Dynamik: Visionen werden so schnell zur Normalität, dass man nicht mehr Schritt halten kann: Sobald man eine Entwicklung verstanden hat, kommt bereits die nächste und ersetzt sie. Angesichts dieser Beschleunigung sieht der Mensch ziemlich „alt“ aus. Dieses Gefühl versetzt viele Menschen in Angst und erweckt Befürchtungen, die man nur schwer messen kann.

Prof. Dr. Armin Grunwald studierte Physik, Mathematik und Philosophie und promovierte anschließend in der Theoretischen Festkörperphysik. Seit Oktober 1999 leitet er die größte Einrichtung für Technikfolgenabschätzung in Deutschland und weltweit, das ITAS (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse). Gleichzeitig übernahm er für den Bundestag das Büro für Technikfolgenabschätzung. Dort beschäftigt er sich aktuell mit der Frage, wie anfällig unsere Wasserversorgung und die Abfallentsorgung für digitale Angriffe sind.

Der unterlegene Mensch?
Durch die ungewöhnliche Fächerkombination aus Physik, Mathematik und Philosophie war Grunwald bestens gerüstet, zu untersuchen, wie die Technik den Menschen und die Gesellschaft verändert. So wie die einen die technische Entwicklung verherrlichen und den Menschen als defizitäre Maschine betrachten und die anderen Smartphone und Computer ablehnen und in analoger Starre verharren, liegt für Grunwald der optimale Umgang mit der Technik irgendwo dazwischen. Grunwald, selbst privat und im Arbeitsleben aktiver Nutzer neuer Techniken, plädiert dafür, digitale Errungenschaften bewusst zu nutzen und öfter zu fragen: Brauche ich das? Will ich das? Was passiert mit meinen Daten?

Der Mensch selbst, so ist Grunwald überzeugt, ist mehr als eine Maschine auf zwei Beinen: Allein menschliche Wesen sind in der Lage, begründet Regeln zu verletzen, wider die Fakten zu entscheiden und Utopien zu entwickeln, die der Realität zuwiderlaufen. Denn eines darf man nicht vergessen: Computer treffen Entscheidungen allein auf der Basis vergangener Daten, die Vergangenheit wird sozusagen in die Zukunft verlängert.

Keine Angst vor der Weite der Zukunft, so antwortet Grunwald abschließend auf die Frage eines Studenten, das sei auch wichtig für die Bildung der kommenden Generationen: Er nennt es das „Denken in offenen Zukünften“. Denn das Wissen vergeht, aber die Fähigkeit zur Problemlösung, zum Erdenken und Erträumen von Utopien, die bleibt.