Mensa neu gedacht: Studierende entwickeln bio-regionale Speisen für Mensa am Bildungscampus
Regional, saisonal, bio, fair – das sind die Maßgaben für nachhaltige Gemeinschaftsgastronomie, denen sich das Studierendenwerk Heidelberg unter der Leitung von Tanja Modrow verschrieben hat. In einem Pilot-Projekt haben Studierende des Studiengangs BWL-Food Management unter Leitung von Studiendekanin Prof. Dr. Jutta Maute attraktive Konzeptgerichte und begleitende Kommunikationsstrategien entwickelt. Mit beteiligt im Projekt sind auch der Geschäftsführer des Instituts für Lebensmittelkultur und Mitinitiator des Food & Health Kantinentests, Otto Geisel, die Bio-Musterregion Heilbronner Land und die erfahrene Kantinen-Jurorin und Rektorin der DHBW Heilbronn, Prof. Dr. Nicole Graf.
Unter den acht Mensa-Standorten soll die Mensa am Bildungscampus Heilbronn Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit werden und den Weg hin zu einem noch verantwortungsvolleren und genussreicheren Essensangebot aufzeigen. Verantwortlich dafür zeichnet Tim Hillemann, preisgekrönter Kantinenexperte und Leiter der Hochschulgastronomie des Studierendenwerks.
„Noch nie wirkten so viele verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen zeitgleich auf die Gastronomie: Vegetarische und vegane Ernährung gewinnt an Bedeutung, Konsumenten hinterfragen die Herkunft der Lebensmittel – das Angebot der Mensa muss mithalten können“, so Food-Expertin Prof. Dr. Graf. Dass die Mensa des Studierendenwerks auf einem guten Weg ist, zeigen die Umfragen der Studierenden: 85 Prozent der 300 Befragten sind mit dem Mensa-Angebot in Heilbronn zufrieden oder sehr zufrieden. Der Hauptteil der Teilnehmenden isst 2-3 Mal wöchentlich in der neuen Mensa am Bildungscampus. Bei der Entscheidung für ein Gericht kommt der Preis erst an dritter Stelle, vorne stehen Optik/Frische und der Geschmack. Aufgabe der zwei Studierendengruppen war es, ein saisonales, bio-regionales Gericht zu entwickeln, es zu testen und Empfehlungen zur Vermarktung zu geben.
Zwei Gruppen, zwei Jahreszeiten, zwei Vorschläge: Während Gruppe eins sich der Leichtigkeit eines Sommergerichts widmete, entwickelte Gruppe zwei schon im Mai ein herbstliches Tellergericht. Aufgabe der Studierenden war es, ein Essen zu kreieren, dessen Hauptkomponenten regional, in Bio-Qualität und saisonal beschafft werden können, das ressourcenleicht ist und das trotz aller Qualitätsvorgaben die engen kalkulatorischen Vorgaben der Gemeinschaftsverpflegung erfüllt. Um die Versorgung mit regionalen Produkten zu gewährleisten, hat die Initiative „Mensa neu gedacht“ die Bio-Musterregion Heilbronner Land ins Boot geholt. Dr. Julia von Berlichingen ist Regionalmanagerin und stellte die Arbeitsweise der Bio-Musterregion beim Projekt-Kick-off vor. Während des gesamten Seminars war sie Anlaufpunkt für den
Klassiker neu interpretiert
Gruppe eins hat den Mensa-Klassiker Pfannkuchen neu interpretiert: Aus der Auswahl an verschiedenen Rezepten hat sich in der Umfrage ganz klar die Sommerfüllung an Platz eins gesetzt. Mit Weißkäse, Zucchini, Paprika und roten Zwiebeln stammen alle Zutaten aus der Region und können ohne große Lager- und Transportkosten verarbeitet werden. Saisonale Gemüse bieten ein intensives Geschmackserlebnis und sind oftmals günstiger im Preis. Die Schalen dienen als Fond-Grundlage, Reste der Füllung werden zu Pastasauce weiter verarbeitet. Bei der Wiederverwertung der Pfannkuchen geht nichts über die schwäbische Flädlesuppe. Ersetzt man die Milch im Pfannkuchen durch Wasser, kann das Gericht auch als vegane Variation angeboten werden. Für die Pestosauce wurde Karottengrün verwendet. Auch beim Einsatz von Bio-Produkten aus der Region blieb die Kalkulation im vorgegebenen Bereich.
Gruppe zwei hat ein vegetarisches Gericht kreiert, das zu 2.50 Euro angeboten werden soll. Auf dem herbstlichen Speiseplan stehen Kartoffelrösti mit Pilzragout, Spitzkohlsalat und Kohlrabiquark. Das Tellergericht spielt mit den verschiedenen Farben und Texturen, die unterschiedlichen Komponenten haben spezielle Aufgaben: Das Rösti wird frisch zubereitet, die Röststoffe regen den Appetit an. Das Pilzragout mit der kräftigen Umami-Note wirkt wärmend, Salat und Quark sorgen für Vitamine und Frische. Auch in Gruppe zwei arbeiten die Studierenden nach dem Leaf-to-Root-Konzept: Sämtliche Bestandteile werden verarbeitet, Schalen für Gemüsefonds genutzt, Karottengrün und Kohlrabi-Blatt dem Quark zugefügt. Mit Milchersatzprodukten hergestellt, wird aus dem vegetarischen ein veganes Rezept.
Live-Test in der Mensa am Bildungscampus
„Mich hat erstaunt, wie variabel beide Gerichte gestaltet sind – mit wenigen Änderungen werden sie vielen verschiedenen Anforderungen gerecht. Und sie funktionieren gut als Angebot in der Gemeinschaftsgastronomie“, so Studiendekanin und Seminarleiterin Maute. Maren Jakob, Doktorandin und Gastronomieexpertin, ergänzt: „Wenn man viel vorbereiten und dann mit wenigen Handgriffen anrichten kann, passt die Rezeptur in der Regel gut zu den Anforderungen der Gemeinschaftsverpflegung“.
Nach dem Probekochen, den sensorischen Tests und Anpassungen gingen die Gerichte nämlich in den Live-Härtetest: An zwei verschiedenen Tagen arbeiteten die Studierenden gemeinsam mit dem Mensapersonal hinter der Theke und ließen die Gäste am so genannten Live-Counter verkosten und bewerten. Und das mit Erfolg: 4,7 von 5 möglichen Punkten wurden im Schnitt vergeben. Einziges Manko: Die 50 Portionen waren viel zu schnell ausverkauft.
Roll-out und Skalierung der Konzepte: Campus-Kartoffel
Wenn es nach den Studierenden geht, gibt es nicht nur Kartoffel-Rösti, sondern jede Woche ein wechselndes Kartoffelgericht. Das ist die Idee hinter dem Konzept Campus-Kartoffel. Die Kartoffel ist Basis für viele verschiedene Landesküchen und Variationen, zudem günstig in großen Mengen beziehbar und das ganze Jahr über erhältlich. Nach der ersten Umfrage unter den Beteiligten stünde auf jeden Fall auch die Ofenkartoffel American Style auf dem Speiseplan. Ob ein Kartoffelwagen voller erntefrischer Kartoffeln mitten auf dem Campus, ein Online-Votum für die Kartoffelgerichte auf dem Speiseplan oder der Klimateller, der in anderen Mensen bereits angeboten wird – es stehen viele Marketing-Ideen zur Diskussion. Aus der Befragung und einer Benchmarking-Analyse konnten die Studierenden schon jetzt viele praktische Empfehlungen für die Kommunikation des Studierendenwerks ableiten. Für Christian Leiblein, Marketingleiter des Studierendenwerkes, sind die kreativen Ideen der Studierenden wertvoll, stammen sie doch von der Zielgruppe selbst.