Mit allen Sinnen Produkte testen: Aufbau eines Experten-Panels für die Lebensmittel-Sensorik
Die DHBW Heilbronn erschließt ein neues Forschungsfeld: die Sensorik. Rund 70 Prozent aller Produktneueinführungen scheitern laut einer Studie von Serviceplan und GfK. Deshalb sind Lebensmittelhersteller sehr daran interessiert, ihre Produkte im Vorfeld ausgiebig testen zu lassen.
Neben der Produktentwicklung spielt die sensorische Analyse auch bei der Verbesserung von Inhaltsstoffen und dem Vergleich mit Konkurrenzprodukten eine zentrale Rolle. Die DHBW Heilbronn will sich zu einer renommierten Adresse für die Sensorik-Forschung entwickeln und sich so in der bundesweiten Hochschullandschaft profilieren.
Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf: „Wir haben vom Land den Auftrag zur kooperativen Forschung erhalten. Es ist nur konsequent, passend zu unserem deutschlandweit einzigartigen Studiengang BWL-Food Management nun auch im Bereich der kooperativen Forschung ins Feld der Sensorik einzusteigen." Die Ausstattung dafür ist auf dem Bildungscampus bereits vorhanden: In zehn Testkabinen des Sensorik-Labors der DHBW Heilbronn können Probanden ohne Licht- und Geräuscheinfluss von außen Haptik, Geruch, Geschmack und Aussehen von Speisen wissenschaftlich beschreiben und bewerten.
Geschmackstest bei Studierenden und Mitarbeitern
Dafür benötigt die DHBW Heilbronn Menschen, die ihre Sinne besonders gut einsetzen können. Um sich für ein sensorisches Expertenpanel zu qualifizieren, muss ein Screening Test absolviert werden. Nur die Teilnehmer, die beim Auswahltest die geforderten Kriterien erfüllen, können später als Experte eingesetzt werden. Es geht dabei nicht um die persönliche Geschmackpräferenz. Die ausgewählten Tester werden in den Trainings geschult und sind in der Lage Farbenintensitäten zu unterscheiden, Gerüche zu erkennen sowie die Textur im Mund und in der Hand zu beschreiben. Die ausgewählten Experten werden zunächst intensiv auf eine bestimmte Produktkategorie trainiert. Ziel des Trainings ist es, eine einheitliche, beschreibende Sprache zu entwickeln, die vom sensorischen Experten-Panel dann für die spätere Erstellung von Produktprofilen verwendet wird. Initiiert wurde das Sensorik-Panel von Prof. Dr. Helge Fritsch, Studiengangsleiter im BWL-Food Management und ehemaliger Vorsitzender des europäischen Sensorik-Experten-Komitees von Nestlé. „Die von uns eingesetzten Methoden des Panelaufbaus und der sensorischen Produktprofilierung entsprechen den modernsten Ansätzen und Erkenntnissen der Sensorik-Wissenschaft", so Fritsch, der auch Fachbuchautor für Sensorik und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Sensorik ist.
Aufbau von zwei sensorischen Expertenpanels an der DHBW Heilbronn
Zwei Experten-Panels befinden sich an der DHBW Heilbronn gerade im Aufbau: Ein studentisches Panel und ein Panel, das sich bislang aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammensetzt. „Wir starten vorerst mit einem Screening der eigenen Kollegen, um die Verfügbarkeit unserer Experten im Rahmen der Arbeitszeit für Forschungszwecke sicherzustellen", erklärt Projektmitverantwortliche Dr. Cornelia Klug, die als akademische Mitarbeiterin an der DHBW Heilbronn tätig ist. Langfristig soll das Screening auch für interessierte Heilbronner und Heilbronnerinnen geöffnet werden. Für das studentische Panel wurden bereits die ersten 60 Studierenden getestet. Das Screening soll künftig jährlich bei allen Studienanfängern im Studiengang BWL-Food Management durchgeführt werden. Die Studierenden können dann bei wissenschaftlichen Projekt- und Forschungsarbeiten auf ihre Kommilitonen als Expertenpool zurückgreifen.
Erstes Forschungsprojekt: Frozen Yogurt im Geschmackstest
Das erste Forschungsprojekt ist gerade gestartet: Für das Heilbronner Start-up-Unternehmen „fresh five*" testen die neu geschulten Panelisten Frozen Yogurt. Das Anfang 2011 gegründete Unternehmen hat sich auf die Produktentwicklung, Herstellung und den Vertrieb hochwertiger Frozen Yogurt-Produkte nach ökologischen Standards spezialisiert. Den knapp 40 Geschmacksexperten werden im Sensorik-Labor Produktproben gereicht. Sie sollen das Aussehen, den Geruch, die Textur, den Geschmack und den Nachgeschmack des Frozen Yogurts beschreiben. Die Experten wissen dabei im Voraus nicht, um welches Produkt es sich handelt. Das Ziel: Eine möglichst präzise Produktbeschreibung zu entwickeln als Basis für die Produktweiterentwicklung und das Marketing. „Unsere Panelisten befinden sich gerade noch bei der Attributsfindung, im nächsten Schritt erfolgt die Intensitätsbewertung", so Projektleiterin Klug. Rektorin Graf freut sich: „Unser Experten-Panel ist ein Alleinstellungsmerkmal mit bundesweiter Strahlkraft. Mit der sensorischen Forschung wollen wir einen anwendungs- und transferorientierten Mehrwert für unsere Dualen Partner bieten und uns weiterhin als Kaderschmiede für die regionale Wirtschaft und erste Adresse für die Lebensmittelbranche profilieren."