Mit Farbe zum Trotz: Neue Ausstellung an der DHBW Heilbronn

Es klingt ein wenig nach Widerstand, nach Auflehnung, aber auch nach Lebensfreude: „Trotz alle dem“ heißt die neue Ausstellung der Künstler Christopher Hopp und Manfred Bretter, die am Donnerstag mit einer Vernissage an der DHBW Heilbronn eröffnet wurde. Lebenslust in Zeiten von Corona, strahlende Wände in einem grau-nassen Herbst, Fokus und Entspannung in einer sich ständig ändernden Welt.

„Ich freue mich besonders, dass Sie in diesen Zeiten den Weg an die DHBW Heilbronn gefunden haben. Das ist tatsächlich die erste Veranstaltung, die wir seit dem Beginn der Pandemie durchführen. Unsere Ausstellungen haben eine lange Tradition, die wir jetzt – auch in Zeiten von Corona – fortführen möchten“, so Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf zur Ausstellungseröffnung. „Wir wollen vor allem regionale Künstler unterstützen, die stärker als andere Berufsgruppen von Corona betroffen sind und ihnen so eine – wenn auch limitierte – Plattform bieten. “  

Kunst und Begegnung sind möglich, auch in diesen Zeiten. Besucher in Masken bewegen sich durch die Gänge und über die Stockwerke, in jedem Stockwerk stehen Desinfektionsmittel-Spender. Gleich im Erdgeschoss finden sie sich in einem abgedunkelten Raum wieder, in dem die fluoreszierenden Farben auf einer Leinwand im Schwarzlicht inszeniert werden. Auf den Fluren stehen 5-mm-dicke besprühte Stahlpalmen, ein Baum schwer von metallenem Laub und eine bunte Acryl-Skulptur: eine Schaufensterpuppe, die durch geometrische Muster und bunte Farben zu einer neuen Persönlichkeit findet.

Der Laudator des Abends, Dr. Bernhard Stumpfhaus, Chefredakteur des Hanix-Stadtmagazins, Kunstkritiker und Autor, spricht von der Freude, die die Werke in erster Linie bereiten. „Beide Künstler sind temperamentvolle Farbgestalter. Während der eine fast mystische Gestalten entwickelt, arbeitet der andere mit schneller und lebendiger Hand“, so Stumpfhaus.

Obwohl beide Künstler sehr unterschiedliche Stilrichtungen verfolgen und mit anderen Materialien arbeiten, blicken sie auf ähnliche Anfänge zurück: draußen im Freien, an Wänden, auf Garagentoren und auf Sport- und Spielplätzen. Hopp kam schon früh zur Kunst, wurde bereits mit neun Jahren von dem Sprayer-Virus infiziert: „Wenn man meine Mutter fragt, habe ich schon als Kind Wände bemalt. In den Ferien habe ich dann einen Graffiti-Sommerkurs belegt.“ Bald verdient er sich so sein Taschengeld; Die amerikanische Kultur kommt nach Heilbronn, er hört Hip-Hop und schwarze Musik und hat fast immer eine Spraydose in der Hand.

Bretter hat seinen Ursprung in der Musik. „Ohne Musik geht gar nichts. Sie ist mein Ausgangspunkt für alles.“ Doch er malt in der Stille. Nach den Garagentoren und den bunten Stühlen im Freien folgten schnell die ersten Leinwände. Bretter studierte an der Kunstakademie in Schwäbisch Hall und formte gemeinsam mit anderen eine Künstlerkolonie im Schloss Kirchberg. So wie das Gitarre- und Klavierspielen hat sich Bretter viel selbst beigebracht. „Der Prozess der Entdeckung ist spannend“, so Bretter. Er probiert viel und ist neugierig. Doch er kehrt immer wieder zur abstrakten Kunst zurück, er merkt schnell, das ist genau seins. „Dazwischen ist nicht viel Platz.“ Seine Werke haben mittlerweile einen Wiedererkennungswert: Ein drittes Auge, übergroße Hände mit winzigen Gliedmaßen, naiv gezeichnete Gestalten in einer Umarmung verschlungen oder einfach bunte Farbströme.

Auch Hopp ist Autodidakt. Seit dem Sommer-Workshop in seiner Kindheit besucht er regelmäßig Graffiti- und Streetart-Veranstaltungen und unternimmt Studienreisen rund um die ganze Welt. „Neuseeland zum Beispiel ist eine Farbenpracht – die Natur ist einfach der beste Künstler“, begeistert er sich. Inspirationen holt er sich auch in Galerien, Ausstellungen alter Meister und im Alltag. Durch die ständige Auseinandersetzung mit der Kunst und das Experimentieren mit verschiedenen Techniken und Untergründen hat Hopp zu seinem Stil gefunden. „Wenn ich male, denke ich nicht.“ Er zitiert Gerhard Richter: „Die Bilder machen, was sie wollen.“ Auch was dann passiert, ist oft magisch: Eins seiner Bilder zum Beispiel hat er 18.000 Kilometer weit entfernt auf den Fidschi-Inseln gemalt. Nach einer langen Reise hängt es jetzt in den Räumen eines Tauchers, der sich in den Farben wiederfand.

Selten hat Hopp einen genauen Titel oder ein Thema im Kopf. Bei Bretter hingegen entstehen die Bilder bereits in seiner Fantasie und werden im Anschluss auf die Leinwand gebracht. „Viele meiner Werke sind Seelenbilder von Personen, die Abbildung ihrer Persönlichkeit, das, was ich fühle, wenn ich sie sehe oder mit ihnen agiere.“ Die Käufer seiner Werke sind Individualisten: „Oft wissen sie schon vorher genau, welches Bild sie möchten und wo genau es hängen soll.“

Die neueste Werkserie von Hopp hat dann doch einen Namen erhalten, sie heißt „Transformation“. Ein Titel, der die aktuelle Situation in der Gesellschaft widerspiegelt, aber auch auf das Bauchgefühl reagiert, das bei Hopp vorherrscht. „Alles ist im Umbruch. Strukturen und Muster lösen sich auf und formen sich neu.“ Hopp ist umtriebig, nicht erst seit jetzt, er hat viele Projekte in der Pipeline und sieht sich als „unternehmerischen Künstler“. Mit einer Fernsehjournalistin arbeitet er an einer Serie, Workshop-Formate für Firmen und Privatpersonen sind im Entstehen. Mit seiner BlackGallery by Christopher Hopp will er junge Talente fördern. Auch bei Bretter stehen die Zeichen auf Veränderung: Im Dezember zieht er in sein neues Atelier. Sechsunddreißig weitere Schaufensterfiguren warten darauf, ihre Persönlichkeit zu entdecken. „Ich freue mich auf den Moment, wenn sie nebeneinanderstehen, als ob sie miteinander sprechen.“