Morgen arbeiten wir anders. Vortrag von Thomas Sattelberger an der DHBW Heilbronn

„Die deutsche Wirtschaft ist strategisch schlecht aufgestellt. Wir sind exzellent in Effizienzsteigerungen und schwach in Basisinnovationen“, so die kritische Bestandsaufnahme von Thomas Sattelberger, ehemaliger Personalvorstand der Deutschen Telekom, bei seinem Vortrag an der DHBW Heilbronn am 13. April 2016. Doch Innovation sei nötig, um die Herausforderungen der Digitalisierung und damit die Veränderungen der Arbeitswelt zu meistern. Im Rahmen des Students‘ Executive Talk zeigte er vor Vertretern der Wirtschaft und Studierenden Wege zur Transformation und Handlungsfelder für die Zukunft auf.

Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf begrüßte Thomas Sattelberger als Alumnus des „Stuttgarter Modells", des Vorläufers der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. „Ich freue mich sehr, dass wir Sie als Redner unseres siebten Students‘ Executive Talk gewinnen konnten. Als erfolgreicher Human Ressources Manager großer DAX-Unternehmen sind Sie Vorbild für die Studierenden an der DHBW Heilbronn."

Die Digitalisierung verschlafen

Deutschland, so Sattelbergers Blick auf die aktuelle Situation, hat bereits viele Entwicklungen auf dem Gebiet der Digitalisierung verpasst. Laut einer Selbsteinschätzung von 300 deutschen Industrieunternehmen haben sich 45 Prozent bisher in geringem Maße mit der Digitalisierung auseinander gesetzt; Zwei Drittel „bescheinigen" sich selbst eine geringe bis mittlere digitale Reife. „Der Handel zum Beispiel hat lange nicht auf die Digitalisierung reagiert. Nun wird 15 Jahre nach dem Start der Erfolgsgeschichte von Amazon erstmals darüber nachgedacht, einen ‚Kaufmann in E-Commerce' auszubilden."

Digitale Innovationen brauchen Menschen mit Ideen

Sattelbergers Prognose für die Zukunft fällt klar aus: Wir werden in Zukunft ganz anders arbeiten als bisher. Hierarchische Strukturen weichen zukünftig dezentraler und gewählter Führung auf Zeit. Feste Arbeitsmodelle werden durch Netzwerke ersetzt, im Internet arbeitet eine „liquid workforce". IBM zum Beispiel hat 2012 bereits einen Großteil seiner Belegschaft in die Cloud ausgelagert und Modelle entwickelt, digitale Fachkräfte zu rekrutieren und zu zertifizieren.

Zentral sind aus Sattelbergers Perspektive als Personalmanager gute Führung, Gesundheit und die sinnvolle Einbindung der Mitarbeiter und ihrer Talente. „Die Frage der Teilhabe ist ein Schlüsselthema für die Arbeit der Zukunft", ist Sattelberger sicher. Über Innovationen entscheiden nicht nur neue Technologien, sondern auch die Zusammenarbeit von Menschen. Anstelle von autoritären Managern, die alle Detailfragen kontrollieren, müssen Führungskräfte Freiräume lassen und selbständiges Problemlösen ermutigen.

Neue Gründungskultur für Deutschland

Der Mittelstand ruht sich auf seinen Erfolgen aus. Nur sechs Prozent der Top Hidden Champions wurden nach 1964 gegründet. Deutschland ist weltweit nahezu Schlusslicht bei Neugründungen, gerade acht Prozent aller Start-Ups entstehen im MINT-Bereich. Die Gründungskultur in Deutschland braucht frischen Wind: Mutige, risikofreudige Unternehmen, eine positive Kultur des Scheiterns und geduldigeres Wagniskapital nennt er als wesentliche Faktoren für mehr Basisinnovationen. Wege sieht Sattelberger in der Kooperation mit Start-Ups ebenso wie in der Schaffung von Innovationsräumen innerhalb bestehender Firmen. Beispiele hierfür sind die Elektroniksparte von BMW und die Kooperation von Kinshofer und dem Start-Up Vemcon bei der Entwicklung eines Steuerungsknüppels für Großmaschinen.

Weckruf für Hochschulen

Auch Hochschulen fordert er zu Veränderungen auf. Die interdisziplinäre Vernetzung der Studiengänge gewinnt an Bedeutung: Wirtschaftsstudierende benötigen auch digitale Kompetenzen und technische Kenntnisse. Das reine BWL-Studium hat als Konzept ausgedient. In den USA wird bereits diskutiert, ob nicht auch Technik-Komponenten in jedes BWL-Studium einfließen werden.

Flächen zur kreativen Nutzung sowie Experimentierfelder und Labore an den Hochschulen fördern innovationsfreudiges Studieren. „Am besten sollten gleich Prototypen entstehen können", lautet Sattelbergers Vision. Momentan haben deutsche Studierende wenig Interesse, sich mit neuen Ideen selbständig zu machen; Weltweit liegt Deutschland in der Gründungsmotivation im letzten Fünftel. „Jede Hochschule muss heute als dritten Auftrag – neben Forschung und Lehre – das Thema Gründung haben", so sein Ausblick in die Zukunft.

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