Nachhaltigkeit im Lebensmitteleinzelhandel: Studie und Arbeitsalltag

Zum dritten Alumnitalk Einkauf an der DHBW Heilbronn begrüßten gestern die Professoren Dr. Carsten Kortum und Dr. Stephan Rüschen gemeinsam mit der Alumni-Beauftragten Petra Wurnig ehemalige Studierende der Studiengänge BWL-Handel und BWL-Food Management. Gemeinsam mit der Absolventin und Studien-Mitautorin Nele Berg stellten sie Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Studie „Attitude-Behaviour-Gap im Lebensmitteleinzelhandel“ vor und diskutierten die Implikationen für die Branche.

Studienergebnisse: Preis-/Leistungsverhältnis immer noch dominierender Faktor
Als Attitude-Behaviour-Gap bezeichnet die Wissenschaft die Diskrepanz zwischen Konsumabsicht und dem tatsächlichen Handeln. Die Studie befragte über 3.000 Proband*innen nach ihren Kriterien beim Kauf von Lebensmitteln, z.B. nach der Verpackung, der Regionalität von Produkten oder nach der Relevanz des Preis-/Leistungsverhältnisses. Schnell wurde ersichtlich: Obwohl Nachhaltigkeit bei den Kaufkriterien eine Rolle spielt, ist der dominierende Faktor mit einer Score von 71 immer noch das Preis-/Leistungsverhältnis. Die Studie zeigte trotzdem, dass Teile der Kunden durchaus bereit sind, bei einem unzureichenden Angebot an nachhaltigen Lebensmitteln die Kaufstätte zu wechseln. „Nachhaltigkeit“, so Rüschen, „ist daher kein nice-to-have mehr, sondern entscheidet über das Überleben der Händler.“

Nachhaltigkeit im Handel: Praxisbeispiele aus dem Alltag
Wie nachhaltig sind die Händler heute und welche der Empfehlungen lassen sich gut im Alltag umsetzen? Die anschließende Diskussion machte schnell klar: Die Positionierung nachhaltiger Produkte spielt eine entscheidende Rolle. Nach einem langen Arbeitstag will kein Kunde lange suchen, um Alternativprodukte zu finden. Daher ist es in den meisten Fällen sinnvoll, Bioprodukte oder vegane Alternativen direkt neben das Fleisch in die Kühltheke zu platzieren. „Beyond-Burger hat die gleiche Erfahrung gemacht. Erst nachdem der Burger in der Fleischtheke positioniert wurde, steigerte sich der Absatz enorm“, so Kortum. Aber nicht nur die Frage des wo, sondern auch des ob ist wichtig. Absolventin Berg erzählte von Kundinnen aus abgelegenen ländlichen Regionen, deren Einkaufsstätte wenig oder gar keine veganen Alternativen bietet.

Siegel oder Score: Rege Diskussionen über Handlungsempfehlungen
Die Aufklärung über Lebensmittel und eine höhere Wertschätzung spielen eine entscheidende Rolle, um das Kaufverhalten der Konsument*innen nachhaltig zu ändern. Ob Nachhaltigkeitssiegel oder ein Nachhaltigkeits-Score das richtige Mittel sind, den Einkauf zu erleichtern, darüber waren die Meinungen geteilt. Kann der CO2-Ausstoß als einziger Maßstab herangezogen werden, um über die Nachhaltigkeit eines Produkts zu entscheiden? Gibt es nicht schon zu viele Siegel, die von vielen Verbrauchern nicht erkannt werden?

Das Fazit: Der Handel ist und bleibt spannend. Die Herausforderung an die Händler, Nachhaltigkeit in ihre Unternehmensstrategien zu integrieren, wirft neue Fragestellungen auf und fordert kreative Lösungen. Foren wie der Alumnitalk sind daher nicht nur ein geeignetes Mittel, sich untereinander zu vernetzen, sondern geben auch Impulse für den Berufsalltag.