Neue HR-Studie: Recruiting in Zeiten von Corona

Welche Erfahrungen HR-Manager mit Videointerviews gemacht haben, wie sie diese beurteilen und wie das Recruiting in Zukunft aussehen wird, das ist Inhalt der neuen qualitativen Studie von Studiendekan Prof. Dr. Thomas Batz und HR-Experte Prof. Dr. Thorsten Krings von der DHBW Heilbronn. Denn was Recruiting-Methoden anbelangt, gehörte Deutschland europaweit bisher zum konservativen Lager. Wirklich durchsetzen konnten sich bisher lediglich Online-Bewerbersysteme, aber dann hörte die Digitalisierung auch schon auf. Dann kam die Corona-Pandemie und die Personaler mussten neue Wege gehen.

In der derzeitigen Situation ringt die deutsche Wirtschaft mit den Auswirkungen der Corona-Krise. Da aber die Personalsuche auch in Zeiten von COVID-19 nicht einfach zum Stillstand kommen konnte, mussten Personaler aller Branchen und Unternehmensformen auf digitale Formen der Kommunikation ausweichen. Die Studie zeigt, dass vor der Pandemie wenig mit digitalen Auswahlinstrumenten gearbeitet wurde. Erstaunlich ist dabei, dass bei den Befragten kein Problembewusstsein vorhanden war, dass sie eigentlich weit hinter den technischen Möglichkeiten zurück blieben. Videointerviews wurden lediglich in Notfällen eingesetzt.

Das änderte sich nach dem Lockdown. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass mittlerweile digitale Auswahlgespräche eine hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten genießen. Lediglich zwei der Interviewpartner gaben an, nach Corona wieder ausschließlich zu Face-to-Face-Interviews zurückkehren zu wollen. Alle anderen berichten, dass die Organisation die digitale Form von Gesprächen als Arbeitserleichterung sieht. „Wir haben gelernt, dass grundsätzliche mehr digital geht, als man vorher gedacht hat,“ fasst eine Teilnehmerin der Studie die Lernkurve ihres Unternehmens zusammen.

Auch bei den Bewerbern kamen die Video-Interviews in der Summe gut an. Allerdings, so schränken einige der Befragten ein, verfügten nicht alle Bewerber im privaten Umfeld über die notwendige Hardware. Personalberater Andreas Werner (Board Consultants International) berichtet, dass die Bereitschaft zu Videointerviews mit ihm als Berater hoch sei, die Kandidaten jedoch Vorbehalte bei Interviews mit dem Klienten hätten, weil sie Sorge haben, nicht mit ihrer Persönlichkeit punkten zu können.

Auch für die Unternehmen spielt die Persönlichkeit des Bewerbers, vor allem in den oberen Geschäftsetagen, eine große Rolle. Personalberater Andreas Werner weist darauf hin, dass hier der „cultural fit“ besonders wichtig und das persönliche Gespräch daher unverzichtbar ist. Daher stimmen auch die anderen Teilnehmer der Studie mit Werner überein, dass das Videointerview nie ganz das persönliche Gespräch ersetzen kann. „Das Video Interview kann 80% von einem persönlichen Gespräch leisten,“ bringt eine Befragte es auf den Punkt. Bei denen, die das Video-Interview beibehalten wollen, herrscht noch Unsicherheit darüber, ob es lediglich das telefonische Vorabinterview ersetzen kann oder auch schon für das erste Gespräch mit dem Fachbereich genutzt werden kann.

Weitere Punkte der umfassenden Studie untersuchten die Korrelation zwischen Alter und Akzeptanz der Bewerber, welchen Einfluss die Raumgestaltung auf Webmeetings hat und ob mit einem digitalen Bewerbungsverfahren der Recruiting-Prozess weniger subjektiv und fairer gestaltet werden kann.

Befragt wurden für die Studie zwölf Personaler von 22-58 Jahren. Unter den Teilnehmern fanden sich sowohl HR-Generalisten mit Rekruitierungsaufgaben, aber auch HR-Spezialisten und Personalleiter, Personalberater und Führungskräfte mit Rekruitierungsaufgaben.

Für Fragen zur Studie und eine komplette Version der Studienergebnisse stehen die Verfasser gern zur Verfügung.

Prof. Dr. Thomas Batz, <link>thomas.batz@heilbronn.dhbw.de

Prof. Dr. Thorsten Krings: <link>Thorsten.krings@heilbronn.dhbw.de